Netti und das Serfauser Bergheu
Unser Chef war heute schon ganz, ganz früh bei uns im Pferdestall und hat uns gefüttert. Neugierig fragte ich ihn, warum es denn heute schon sooo früh Frühstück gibt??? „Ja weißt du Netti, die nächsten Tage soll schönes Spätsommerwetter sein, ich muss heute noch ganz viel mähen, damit es gutes Grummet gibt.“ „Hm, Grummet, was ist denn das?“ „Du kleines Dummchen, Grummet ist das Heu, das dir so besonders gut schmeckt, das du aber eigentlich gar nicht fressen sollst. Für dich ist der erste Schnitt, also das Frühheu viel besser.“ „Was jetzt 1. Schnitt, jetzt kenn ich mich gar nicht mehr aus, ist denn Heu nicht gleich Heu?“
Dann hat sich Paul ganz viel Zeit genommen und mir einmal die Unterschiede erklärt: „Also Netti, bei uns hier in den Tiroler Bergen werden die Dorfwiesen zweimal gemäht. Serfaus liegt immerhin auf 1.400 Meter Seehöhe. Im Flachland wird dreimal, manchmal sogar viermal gemäht.
Der erste Schnitt, also das Frühheu wird bei uns Ende Juni, Anfang Juli eingebracht. Für euch Pferde mähen wir etwas später, wenn das Gras schon nach der Blüte ist. Wir nennen das „überständig“. Somit ist es nicht mehr so energiereich und grobfasriger, enthält also mehr Rohfaser Anteile. Das ist wichtig für euch.
Der zweite Schnitt der Dorfwiesen wird Grummet genannt, hat nicht so einen hohen Rohfaser Anteil und ist viel gehaltvoller und vor allem eiweißreicher. Daher ist das für euch Pferde nicht so gut, schmeckt aber daher auch viel besser. Das ist wie bei uns Menschen, alles was nicht so gesund ist, schmeckt einfach besser! Das Grummet bekommen bei uns nur zusätzlich zum Frühheu die tragenden Stuten, also die, die Fohlen bekommen, die laktierenden Stuten, also die, die ein Fohlen haben und viel Milch produzieren müssen, die jungen Pferde, die noch wachsen müssen und aller höchstens dann noch die, die wirklich viel Arbeiten. Für alle anderen Pferde ist zu viel Eiweiß gar nicht gut. Gemäht wird das Grummet bei uns meist Anfang bis Mitte September.
Zusätzlich zum Frühheu und zum Grummet gibt es dann noch das ganz leckere und spezielle Bergheu. Das Bergheu wird auf Wiesen weit oberhalb von Serfaus gemäht. Wir haben eine große Bergwiese, die liegt fast auf 2.000 Meter Seehöhe. Die Bergwiesen werden nur einmal gemäht, mehr Gras wächst einfach nicht mehr so weit oben. Das Bergheu ist so besonders, weil es ganz, ganz viele verschiedene Bergkräuter enthält und somit besonders gesund ist. Außerdem müssen die meisten der Bergwiesen noch mit der Hand eingebracht werden, was somit auch noch sehr schonend für das Heu ist und die wertvollen Blattspitzen der gesunden Kräuter bleiben unbeschädigt. Apropos Handarbeit .... Jetzt muss ich aber ganz schnell los, sonst gibt’s dieses Jahr kein gutes Grummet im Stall!“
Sagte er und weg war er wie ein Wirbelwind! Jetzt hatte ich erst mal einiges zu verdauen .... Zuerst das lecker Frühstück, das ich nebenbei geknabbert habe und dann die ganzen neuen Infos. Jetzt weiß ich ja gar nicht mehr, was ich zuerst fressen soll ..... am liebsten hätt‘ ich natürlich leckeres Grummet, aber ...